Burgen sind groß und alt und es gibt viele Geschichten über sie. Von der Burg Bentheim wird zum Beispiel erzählt, sie sei vom Teufel erbaut worden. Er habe das in einer einzigen Nacht geschafft und gehofft, dafür die Seele eines Bauern zu bekommen. Doch der Bauer sei schlauer gewesen und dem Teufel sei nur ein Rabe geblieben.
Ob das stimmt? Wohl eher nicht. Aber sicher ist, dass die Burg in der südwestlichsten Ecke von Niedersachsen steht. Darin lebten und regierten einmal die Grafen von Bentheim. Die ältesten Teile wurden vor ungefähr 1000 Jahren erbaut. Niemand weiß allerdings genau, wie es zu dem Bau kam.
Vielleicht hat das etwas mit Kaiser Karl dem Großen zu tun, der vor etwa 1200 Jahren lebte und der das Frankenreich beherrschte. Er setzte überall in seinem Reich Grafen ein, die das Land in seinem Auftrag verwalteten und die dem Kaiser bewaffnete Ritter für seine Kriege stellen mussten.
Das Land bekamen sie vom Kaiser geliehen, man nannte es ein Lehen. Irgendwann betrachteten es die Grafen als ihr Eigentum. Sie ließen die Bauern für sich arbeiten und für sich feste Häuser erbauen, hinter deren Mauern man sich sicher fühlte. Diese Häuser nannte man Burgen.
Die Mauern der Burg Bentheim sind bis zu 5,50 m dick
Eine Burg sollte die Bewohner schützen, zum Beispiel vor Räuberbanden oder einem anderen Fürsten, der mit seinen Rittern neue Gebiete erobern wollte. Außerhalb der Mauern entstanden Felder und Siedlungen für Bauern und Handwerker, die bei Gefahr in die Burg flüchteten. Burgen wurden oft auf Bergen angelegt. Das machte es schwieriger für Angreifer, in das Bauwerk zu gelangen. Außerdem konnten sich die Verteidiger so besser wehren.
Vor mehr als 350 Jahren hat der niederländische Maler Jakob van Ruisdael ein Bild der Burg Bentheim gemalt. Darauf ist besonders gut zu sehen, dass das Gelände an den Seiten steil abfällt. Eine solche Burg nennt man eine Höhenburg.
Wenn kein Berg vorhanden war, schützte man eine Burg durch einen tiefen und breiten Wassergraben. Auch er sollte Angreifer abhalten. Solche Burgen bezeichnet man als Wasserburgen.
Vor allem von den Mauern und den Türmen einer Burg erhofften sich die Bewohner Sicherheit. Die Mauern der Burg Bentheim sind bis zu 5,50 m dick. Sie bestehen aus Sandstein, den man in der Nähe in Steinbrüchen brach.
Die Türme einer Burg dienten als Aussichtspunkte und als letzte Zuflucht. Von hier aus konnte man alle, die sich der Burg näherten, oft schon von weitem sehen. Wenn die Angreifer trotz aller Gegenwehr in die Burg eindrangen, zogen sich die Verteidiger in einen Turm zurück, der noch einmal besonders gesichert war.
Den höchsten Turm der Burg Bentheim nennt man Bergfried oder Pulverturm. Er ist 14 m breit, 14 m lang und 30 m hoch. Unter dem Turm befindet sich ein modriges Verlies, in dem es kein Licht gibt und das 12 Meter in die Tiefe reicht. Man gelangt nur von oben durch eine kleine Öffnung hinein. Es diente vermutlich einmal als Gefängnis.
Im Südwesten der Burg steht noch ein weiterer Turm, der Batterieturm. Er ist 45 m hoch. Einige Räume darin wurden als Speicher für Vorräte genutzt. Außerdem sind Reste einer Mühle zu sehen, die mit Pferden betrieben wurde. Bei einer Belagerung konnten sich die Bewohner einige Wochen lang ernähren.
Die Burg Bentheim hat zwei Tore. Das Untertor ist schon über 700 Jahre alt. An den Seiten sind Sonnenräder, Kreuze und Schwerter eingeritzt. Diese Zeichen sollten Glück bringen und böse Geister abwehren.
Das dunkel verfärbte Obertor liegt mehrere Meter höher als das Untere Tor. Wenn Angreifer bis hierher gelangt waren, wurden sie von der Mauer herab beschossen. Durch das Obere Tor gelangt man in den Innenhof der Burganlage, zu den Wohnräumen der Burgbewohner, den Pferdeställen und den Vorratskammern. Im Innenhof der Burg Bentheim kann man unter anderem eine alte Sonnenuhr aus dem Jahr 1665 und einen großen Sandsteintrog sehen.
Zu einer Burganlage gehört meistens auch eine Kirche oder Kapelle. In der Burg Bentheim findet man gleich hinter dem Oberen Tor die Katharinenkirche. Der Kirchenraum ist sehr schlicht gehalten. Die Decke wird von schweren Holzbalken getragen. Außerdem gibt es eine große Empore.
In der Kirche steht eine kleine Kanzel und von der Decke hängt eine ungefähr 500 Jahre alte Skulptur. Sie stellt die Madonna dar, also die Mutter Jesu. In der Kirche steht auch der "Herrgott von Bentheim". Diese Skulptur aus Bentheimer Sandstein hat ein unbekannter Künstler vor etwa 900 Jahren geschaffen. Sie zeigt den gekreuzigten Jesus. Die Figur war einmal für lange Zeit verschwunden. Man fand sie schließlich auf einem Acker wieder, wo sie verscharrt worden war.
Früher bestimmten Grafen und Fürsten übrigens auch über die Religion ihrer Untertanen. Der Graf von Bentheim legte im Jahr 1588 fest, dass die Menschen in seiner Grafschaft Bentheim dem reformierten Bekenntnis zu folgen hatten, das von den Schweizern Johannes Calvin und Ulrich Zwingli begründet worden war. Noch heute gehören die meisten Menschen in der Grafschaft Bentheim der Evangelisch Reformierten Kirche an.
Für die Bewohner einer Burg war die Versorgung mit Wasser sehr wichtig, besonders dann, wenn sie belagert wurden. In einer Höhenburg war es jedoch schwierig, an Wasser zu gelangen. Man sammelte daher das Regenwasser in Zisternen und grub tiefe Brunnen in die Felsen.
In der Burg Bentheim befindet sich der Brunnen an der Nordseite der Burgmauer. Er ist 23 m tief in den Fels gehauen. Auch über diesen Brunnen gibt es eine alte Geschichte. Er soll nämlich von zwei Rittern gegraben worden sein, die hier gefangen gehalten wurden. Der Graf habe ihnen die Freiheit versprochen, wenn sie auf Wasser stießen. Nach jahrelanger harter Arbeit sammelte sich endlich Wasser in der Tiefe. Doch da seien die Männer so erschöpft gewesen, dass sie tot zusammenbrachen.
Nachfolger der Grafen von Bentheim ist heute der Fürst zu Bentheim und Steinfurt, der sich mit seiner Familie meistens im Schloss Burgsteinfurt aufhält. In der Burg Bentheim befinden sich heute einige prachtvoll ausgestattete Räume in dem Teil der Burg, der Kronenburg genannt wird.
Im Erdgeschoss der Kronenburg gibt es den Rittersaal. Es sind auch einige Rüstungen und Geschütze aus alter Zeit ausgestellt. Einer der schönsten Räume ist der Ernst-August-Salon, der mit alten Möbeln und wertvollen Bildern an den Wänden ausgestattet ist.
Er erhielt seinen Namen zu Ehren des Königs Ernst August von Hannover, der von 1771 bis 1851 lebte. Zu seinem Königreich gehörte damals auch die Grafschaft Bentheim. Hier hielt er sich bei seinen seltenen Besuchen auf. Heute wird dieser Raum für Trauungen genutzt.
Wie alle Burgen erzählt auch die Burg Bentheim von längst vergangenen Zeiten. Während Fürsten und Grafen früher allein bestimmten, was in ihren Ländern zu geschehen hatte, entscheiden heute Frauen und Männer, die von der Bevölkerung gewählt werden. Sie bilden Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage und an ihrer Spitze stehen kein Grafen mehr, sondern Bürgermeister und Landräte.
Nur alte Namen sind manchmal noch erhalten. So nennt sich der Landkreis, zu dem die heutige Stadt Bad Bentheim gehört, Landkreis Grafschaft Bentheim.
Bilder: Hamsterkiste(13), gemeinfrei (1)
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