Lüneburg ist eine Stadt in Niedersachsen. Sie liegt ungefähr 50 Kilometer südöstlich von Hamburg und hat etwa 76 000 Einwohner. In der Nähe gibt es den Naturpark Lüneburger Heide, der jedes Jahr viele Besucher anzieht. Die Stadt Lüneburg wird von den Türmen der Johanniskirche, der Nicolaikirche, der St. Michaeliskirche und dem Wasserturm überragt. Der zentrale Platz der Stadt heißt "Am Sande".
Lüneburg liegt an der Ilmenau, einem kleinen Nebenfluss der Elbe. Es gibt einen ehemaligen Hafen, dessen Wahrzeichen noch heute der hölzerne "Alte Kran" ist. Mit diesem Kran wurden früher Schiffe be- und entladen, die über Ilmenau und Elbe einen wichtigen Rohstoff transportierten: Salz. Es wurde in Lüneburg gewonnen und vor allem nach Lübeck gebracht und von dort weiter verkauft.
Beide Städte gehörten im Mittelalter dem Städtebund der "Hanse" an. Noch heute nennen sie sich daher Hansestädte. Das Salz und der Handel mit anderen Hansestädten machte sie reich.
Die Salzgewinnung in Lüneburg begann vor etwa 1000 Jahren. Heute wird nur noch wenig Salz produziert. Doch man findet noch viele prächtige Gebäude aus alter Zeit, darunter das Rathaus, dessen älteste Teile im Jahr 1230 entstanden.
In Lüneburg erzählt man gern die Geschichte von einem Wildschwein, das Jäger vor langer Zeit schlafend in einem Wald fanden. Das Tier sah merkwürdig aus: Es war über und über mit weißen Körnchen bedeckt.
Die Jäger erlegten das Schwein und entdeckten, dass die Körnchen salzig schmeckten. Sie verfolgten die Spur des Tieres zurück und fanden einen Tümpel, in dem es sich kurz vorher gesuhlt hatte. Das Wasser in diesem Tümpel war sehr salzhaltig und unzählige Salzkörnchen hatten sich im Fell des Tieres verfangen. Als das Fell trocknete, wurden die Körner sichtbar.
Ob sich diese Geschichte wirklich so zugetragen hat? In Lüneburg jedenfalls bewahrt man einen Knochen auf, der von der Salzsau stammen soll. Man präsentiert ihn im Rathaus stolz den Besuchern der Stadt. Richtig ist auf jeden Fall: Unter Lüneburg gibt es einen mächtigen Salzstock. Das ist eine Schicht tief in der Erde, die aus Salz besteht.
Schon seit mehr als 1000 Jahren verstanden es die Lüneburger, das Salz unter ihren Füßen zu verflüssigen und die Sole an die Oberfläche zu holen. In Siedehütten und Siedepfannen brachte man das Wasser zum Verdampfen. Übrig blieb wertvolles Salz, das man teuer verkaufen konnte.
Angeblich brachte ein Wildschwein die Lüneburger auf die Spur des Salzes
Menschen können ohne Salz nicht leben. Der Körper eines etwa 75 Kilogramm schweren Mannes enthält ungefähr 250 Gramm Salz, der eines Neugeborenen etwa 14 Gramm. In einem Liter menschlichen Blutes sind neun Gramm Kochsalz gelöst. Salz reguliert die Menge an Flüssigkeiten und Mineralstoffen in unserem Körper.
Ohne Salz würden unsere Nerven, die Muskeln und die Verdauung nicht richtig funktionieren. Es ist wichtig als Bestandteil des Blutes und für den Aufbau von Knochen. Der Körper verliert Salz, wenn wir schwitzen, weinen oder zur Toilette gehen. Daher muss jeder pro Tag etwa sechs Gramm Salz zu sich nehmen. Mit Salz kann man außerdem Lebensmittel haltbar machen, zum Beispiel Fleisch oder Fisch. Das war vor allem in früheren Zeiten wichtig, als es noch keine Kühl- und Gefrierschränke gab.
Salz war schon immer wertvoll. In manchen Kulturen bekamen Beamte und Soldaten ihren Lohn in Form von Salz ausgezahlt. Ägypter, Sumerer und Babylonier nutzten es als Gewürz, als Konservierungsmittel und zum Mumifizieren der Leichname. In den Ländern rund um das Mittelmeer wurde das Salz entweder aus Meerwasser oder aus den Ablagerungen der Salzwüsten gewonnen. Im Norden Europas nutzte man das Salz, das in der Erde lag.
Vor etwa 260 Millionen Jahren war das heutige Norddeutschland von einem flachen Meer bedeckt. Es war viel wärmer als heute. Das Wasser in diesem Meer verdunstete und Land kam zum Vorschein, das irgendwann erneut überschwemmt wurde. Das Wasser verdunstete erneut und alles wiederholte sich. So ging es etwa 10 Millionen Jahre lang hin und her.
Doch die schweren und festen Bestandteile im Wasser blieben jedes Mal zurück. Es bildeten sich Schichten, die aus Kalk, Gips und Salz bestanden. Schließlich waren diese Schichten bis zu 3000 Meter dick. In späteren Zeiten wurden sie durch andere Ablagerungen überdeckt.
Die Erdkruste ist immer in Bewegung, doch jede Bewegung dauert sehr, sehr lange. Aus den Salzschichten wurden schließlich Salzstöcke und Salzmauern, die an manchen Stellen fast bis an die Oberfläche aufstiegen. Wir finden solche Salzlager an vielen Stellen im Norden Europas.
Eines entstand unter der heutigen Stadt Lüneburg. Hier gibt es noch ein weiteres Ergebnis dieser ständigen Veränderungen in der Erdkruste: den Kalkberg. Er besteht aus Gipsgestein, das im Verlauf vieler Jahrmillionen in die Höhe gepresst wurde und das man in Lüneburg für den Bau von Häusern nutzte.
Eine Anlage zur Salzgewinnung nennt man Saline. Über dem Salzstock, der sich unter der heutigen Stadt Lüneburg befindet, wurde vor mehr als 1000 Jahren eine Saline errichtet. Früher war sie von dicken Mauern und hohen Türmen umgeben. In der Saline leitete man Wasser in die Tiefe. Es löste das Salz und es bildete sich eine wässrige Lösung, die man Sole nennt.
Im Zentrum der Saline befand sich der Salzbrunnen, in dem die Sole zunächst mit Eimern, später mit Pumpen aus der Tiefe an die Oberfläche befördert wurde. Diesen Salzbrunnen nannte man Sod.
Sechs Arbeiter, die "Zuckenschläger", bedienten den Schwengel der Pumpanlage. Neben der Pumpe war der Platz des Oberseggers, des Vorarbeiters. Der Sodmeister war für die Verteilung der Sole zuständig. Diese strömte von hier aus durch hölzerne Rinnen zu den Siedehütten. Um den Salzbrunnen gruppierten sich 54 Siedehütten, die nach ihren Besitzern benannt waren.
In jeder Hütte gab es vier Siedepfannen, zur Saline Lüneburg gehörten damit insgesamt 216 Siedepfannen. Bei den Hütten lagerten große Mengen Holz, das zum Betrieb der Pfannen benötigt wurde. Auf dem Gelände befand sich außerdem eine Zollbude und eine Salzbude, in der Salz in kleinen Mengen verkauft wurde.
Vom Salzbrunnen wurde die Sole zu den Siedehütten geleitet. Unter jeder Hütte befand sich ein großer Solebehälter, das "Schiff". Daraus entnahmen die "Sülzer" die Sole und kippten sie schließlich in die Siedepfannen, die aus Blei geschmiedet waren.
Unter den Pfannen wurden Lehmöfen mit Holz beheizt. Die Hitze sorgte dafür, dass das Wasser in den Pfannen verdampfte. Zurück blieb das Salz. Aus 50 Liter Sole wurden so etwa 17 Kilogramm Salz gewonnen. Alle Lüneburger Salzhütten zusammen produzierten im Mittelalter pro Jahr etwa 20.000 Tonnen.
In den Siedehütten wurde rund um die Uhr gearbeitet, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Es gab pro Tag zwei Schichten, die elf Stunden in der Nacht und am Tag 13 Stunden dauerten.
Etwa 300 Beschäftigte arbeiteten im Mittelalter in der Saline von Lüneburg, darunter auch Kinder, die das Feuer in den Lehmöfen unterhalten mussten. Bei der Arbeit durfte nicht geraucht werden, das Mitbringen von Hunden war verboten.
Papst Paulus II. erlaubte den Eigentümern der Lüneburger Salzhütten im Jahr 1465, auch an hohen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern Salz zu sieden. Schließlich war nur noch der Karfreitag arbeitsfrei.
Noch heute werden in Lüneburg jedes Jahr "Sülfmeistertage" veranstaltet. Damit erinnert die Stadt an die Menschen, die die Siedepfannen betrieben und der Stadt zu Wohlstand verhalfen.
Die Sülfmeister waren nicht Eigentümer, sondern Pächter der Siedehütten. Die Besitzer waren die "Sülzbegüterten", Angehörige des Adels, Geistliche und reiche Bürger. Sie arbeiteten nicht selbst, sondern verpachteten die Siedepfannen an die Sülfmeister. Niemand konnte mehr als zwei Siedehütten pachten. Die Hälfte des Ertrages mussten die Sülfmeister an die Eigentümer abgeben. Diese zahlten Steuern an den Rat der Stadt Lüneburg.
Manche Familien gelangten durch das Salz zu großem Wohlstand. Sie ließen sich prächtige Häuser bauen, die auch heute noch das Stadtbild Lüneburgs prägen.
Die Arbeit der Knechte in den Siedehütten war schwer, die Bezahlung gering. Die Luft in den Hütten war heiß und feucht, daher arbeiteten sie oft nackt. Nur beim Verladen des Salzes trugen sie einen Kittel aus Leinen, der über eine Kapuze verfügte. Das Blei in den Siedepfannen machte die Menschen krank. Doch dagegen und gegen viele andere Krankheiten wusste man kein Mittel. Daher wurden nur wenige Menschen älter als 35 bis 40 Jahre.
In den Siedehütten arbeiteten auch Kinder - Deutsches Salzmuseum Lüneburg
Für den Handel mit Salz war die Verbindung nach Lübeck besonders wichtig. Dort brauchte man viel Salz, um zum Beispiel Heringe, die in der Ostsee gefangen wurden, haltbar zu machen. Für fünf Fässer Heringe benötigte man ein ganzes Fass Salz.
Noch bis ins 18. Jahrhundert wurde mehr als die Hälfe des Lüneburger Salzes nach Lübeck transportiert. Dort wurde es direkt verarbeitet oder es gelangte mit Schiffen über das Meer in andere Hansestädte.
Man beförderte das Salz von Lüneburg aus mit Pferdefuhrwerken über die Salzstraße oder mit Schiffen über die Ilmenau, die Elbe und den Stecknitzkanal. Das war ein Vorläufer des heutigen Elbe-Lübeck-Kanals. Es dauerte bis zu vier Wochen, bis ein Transport in Lübeck ankam.
Am Stint, einem ehemaligen Marktplatz in Lüneburg, befindet sich heute noch der Alte Hafen. Hier wurde das Salz mit Hilfe eines hölzernen Krans auf Schiffe geladen, der auch beim Entladen von Holz, das man in den Siedehütten brauchte, zum Einsatz kam. Der Kran stammt aus dem Jahr 1797. Er hatte schon mehrere Vorläufer.
Schließlich wurden die Schiffe immer größer und leistungsfähiger. Bald brachten sie Salz von der Atlantikküste Frankreichs, Spaniens und Portugals nach West- und Nordeuropa. Es war zwar minderwertiger als das Lüneburger Salz, aber es war billiger.
Außerdem nahm die Bedeutung der Hanse immer mehr ab. Der Dreißigjährige Krieg und die Kriege im 17. und 18. Jahrhundert wirkten sich verheerend aus. Es gab manchmal auch wieder bessere Zeiten, doch schließlich lohnte sich die Gewinnung von Salz nicht mehr. Heute werden in Lüneburg nur noch geringe Mengen Sole für den Betrieb eines Gesundheitsbades benötigt. Die Saline wurde im Jahr 1980 endgültig still gelegt.
Einst brachte die Gewinnung von Salz Reichtum in die Stadt, doch heute kämpft man mit Folgen, an die im Mittelalter noch niemand gedacht hatte: Der Boden über dem Salzstock gibt an manchen Stellen nach und senkt sich.
Die Absenkung wird durch Hohlräume verursacht, die durch das Abpumpen der Sole entstanden. In der Frommestraße sackte der Boden in den letzten Jahrzehnten teilweise um mehr als 2 Meter ab. Der Asphalt der Straße ist aufgeplatzt, die Pfosten eines früheren Gartentores haben sich verschoben. Es wird von den Lüneburgern inzwischen "Tor zur Unterwelt" genannt.
Das Gebiet wird immer wieder vermessen. Einige Häuser mussten in den letzten Jahren bereits abgerissen werden, andere hat man durch aufwändige und teure Konstruktionen gesichert. In der Michaeliskirche stehen einige Säulen inzwischen deutlich schief.
Das Problem ist nicht neu: Zwei Kirchen, die Marienkirche und die Lambertikirche sowie einige Häuser, die auf dem Salzstock in der Nähe der Saline standen, mussten bereits im 19. Jahrhundert abgerissen werden.
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