1 - "Altamira" ist ein spanisches Wort und bedeutet "Weite Aussicht". Eine solche weite Aussicht gibt es in Spanien häufiger, aber eine wurde weltberühmt. Es ist der Name eines Hügels, der im Norden Spaniens in der Nähe der Stadt Santillana del Mar liegt. Ein Herr de Sautuola interessierte sich für die Vergangenheit dieser Gegend. Denn unter dem Hügel befanden sich Höhlen, in denen es einiges zu entdecken gab. Eines Tages im Jahr 1879 besuchte er zusammen mit seiner Tochter Maria die Höhlen unter der "Weiten Aussicht".
2 - Maria war neun Jahre alt und sehr neugierig. Sie kletterte in der Höhle herum. An der Decke leuchtete plötzlich etwas Rotes auf. "Schau mal, Papa, Ochsen!" rief sie. Tatsächlich. An der Decke waren Bilder von Tieren zu sehen. Maria und ihr Vater erkannten Rinder, Hirsche und Pferde. Ungläubig gingen sie umher und entdeckten immer mehr Bilder. Der Vater vermutete sofort, sie müssten sehr alt sein. Er ging davon aus, dass Steinzeitmenschen sie gemalt hätten. Er schrieb viele Artikel über den Fund. Doch niemand glaubte ihm.
3 - Viele Wissenschaftler hielten es zuerst für unmöglich, dass die Menschen der Steinzeit, die nur Werkzeuge aus Stein, Knochen und Holz kannten, solche kunstvollen Bilder gemalt haben könnten. Außerdem wusste man einfach noch viel zu wenig über die Zeit, in der die Bilder entstanden waren und über die Menschen, die damals lebten. Heute wissen wir, dass Herr de Sautuola Recht hatte. Die Bilder entstanden vor etwa 15.000 bis 19.000 Jahren. Die Menschen, die diese Bilder malten, waren Menschen wie wir. Sie hatten jedoch keine festen Häuser, sondern sie zogen als Nomaden umher. Sie wohnten in Höhlen oder Zelten aus Stangen und Tierfellen.
4 - Ihre Werkzeuge stellten sie mühselig aus Stein, Knochen oder Holz her. Das Klima war rau, denn die letzte Eiszeit war noch nicht zu Ende. Es war damals kälter als heute. Die Winter mit Eis und Schnee dauerten viele Monate lang. Die Menschen ernährten sich von dem, was sie in der Natur fanden. Sie aßen Beeren und Früchte und das Fleisch von Tieren. Aber diese Tiere mussten sie erst einmal jagen. Wir wissen nicht, warum sie in ihren Höhlen Bilder malten. Vielleicht waren es Wegweiser für andere Gruppen von Menschen. Vielleicht auch, um den Erfolg bei der Jagd zu beschwören, oder als Entschuldigung für das Töten von Tieren. In den Bildern lebten diese ja weiter.
5 - Die Tierbilder in der Höhle von Altamira entstanden in einem Zeitraum von über 5000 Jahren. Die Farben leuchten rot bis purpurn, gelb oder braun. Die Maler benutzten Ocker, eine Tonerde, die auch Eisen enthält. Für die Umrandungen der Tiere, für Hörner und Hufe verwendeten sie schwarzes Manganoxid oder Holzkohle. Sie rührten das Pulver mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten an. Sie malten mit der Hand oder mit Pinseln aus Holzzweigen oder Tierhaaren. Sie nutzten auch die Wölbungen des Gesteins. Vielleicht sahen sie in der Form eines Steins die Gestalt eines schlafenden Rindes und malten die Umrisse dazu.
6 - Auch in anderen Höhlen und an anderen Plätzen wurden Bilder von Steinzeitmenschen gefunden. In Frankreich gibt es die berühmte Höhle von Lascaux. Im nördlichen und im südlichen Afrika sind ebenfalls Tierbilder zu sehen. Manchmal sind es farbige Darstellungen, manchmal wurden Zeichnungen in den Felsen geritzt. Solche Zeichnungen findet man zum Beispiel auch in Arizona in den Vereinigten Staaten. Auf all diesen Bildern werden Tiere dargestellt, die in diesen Gegenden lebten. In Europa waren es vor allem Stiere, Rentiere oder Pferde, in Afrika wurden auch Giraffen, Löwen und Antilopen festgehalten.
7 - Die Höhle von Altamira wurde seit der Entdeckung der Bilder von Tausenden von Menschen besucht. Doch sie brachten Wärme, Bakterien und Pilze mit. Dadurch wurden die Malereien gefährdet. Deshalb darf die Höhle heute nur noch von wenigen Menschen betreten werden. Das Deutsche Museum in München hat Teile der berühmten Bilderdecke nachgebaut. Es wurden die gleichen Materialien wie damals in der Steinzeit verwendet.
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Ein Pferd in der Höhle von Lascaux in Frankreich
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