Das Verhältnis zwischen Mensch und Wolf ist zwiespältig. Lange Zeit kannte man den Wolf bei uns nur noch aus Märchen wie "Rotkäppchen" und "Der Wolf und die sieben Geißlein". Darin ist er der böse Wolf, der die Großmutter, das Rotkäppchen und sechs der sieben Geißlein mit Haut und Haaren verschlingt.
Es gibt allerdings auch viele Geschichten von guten Wölfen. In der Sage von Romolus und Remus, die später die Stadt Rom gegründet haben sollen, war es eine Wölfin, die die Zwillinge säugte.
Die Germanen glaubten, ihr Gott Odin werde von zwei Wölfen begleitet. Wölfe galten auch als Symbol für Mut und Kraft. Und: Eines der wichtigsten Haustiere des Menschen, der Hund, stammt vom Wolf ab.
Der Wolf und die sieben Geißlein - (Carl Fahringer)
Doch irgendwann empfand man Wölfe wohl vor allem als Bedrohung. Immer wieder kam es vor, dass sie sich an Gänse und Enten, Kälber, Schafe und andere Haustiere heranmachten und sie töteten. Diese Tiere waren wertvoll.
Deshalb tötete man die Wölfe, wo immer man konnte. Bevor es Gewehre gab, jagte man sie mit Netzen, legte Giftköder aus oder lockte sie in Fallgruben. Das waren viereckige, 3 bis 4 Meter tiefe, mit Steinen ausgekleidete Löcher, in denen zum Beispiel eine Gans als lebender Köder diente. Die Gruben waren mit Stroh abgedeckt. Fiel ein Wolf hinein, konnte er nicht mehr entkommen und wurde erschlagen. Schließlich gab es bei uns keine Wölfe mehr. Der letzte wurde im Jahr 1904 in Sachsen erlegt. Doch in anderen Regionen überlebten die Wölfe.
Im Norden Europas und in Russland lebt der Europäische Grauwolf. In den Wäldern Nordamerikas streifen die Timberwölfe umher, deren Fell meistens grau-braun, manchmal aber auch schwarz ausfällt. Weiter nördlich kommen dort die Arktischen Wölfe und die Polarwölfe vor. Ihr Fell kann sehr dunkel, manchmal aber auch cremefarben oder fast weiß sein.
Im nördlichen Asien gibt es den großen Tundrawolf, dessen Fell hell bis graubraun gefärbt ist. Der viel kleinere Steppenwolf hat ein rötlich-graues Fell. Das Fell des Indischen Wolfes, den man auch Pallipeswolf nennt, ist kurz, gelbbraun bis rötlich.
Der Arabische Wolf ist die leichteste und kleinste Wolfsart. Sein Fell ist nur dünn und meistens braun. Andere Unterarten sind zum Beispiel der Ägyptische und der Italienische Wolf.
In Nordeuropa und Nordamerika werden Wölfe bis zu 1,6 Meter lang, 80 Zentimeter hoch und etwa 80 Kilogramm schwer. Die Wölfe in Arabien hingegen erreichen nur eine Länge von 80 Zentimeter und ein Gewicht von 20 Kilogramm.
Wölfe haben einen langen Rumpf und einen schmalen Brustkorb, der Schwanz kann ein Drittel ihrer Gesamtlänge ausmachen. Typisch für Wölfe sind die spitzen Schnauzen. Das Gebiss weist 42 Zähne auf. Wölfe gehen auf ihren vier vorderen Zehen, der hintere Zeh ist verkümmert. Sie können, anders als Katzen, ihre Krallen nicht einziehen.
Zu Beginn des Winters wächst den Wölfen ein dichteres und längeres Fell, das sie vor der Kälte schützt. Sie sind hervorragende Jäger. Sie jagen Hirsche, Rehe, Hasen, Kaninchen, Wildschweine und Mäuse. Auch Aas, Beeren und Früchte dienen ihnen als Nahrung. Gelegentlich reißen sie auch Haustiere.
Sie können Beute wittern, die drei Kilometer entfernt ist. Sie verfügen über eine sehr große Ausdauer. Man schätzt, dass sie an einem Tag mehr als 60 Kilometer weit laufen können.
Für kurze Zeit erreichen sie Geschwindigkeiten von ungefähr 65 Kilometer pro Stunde. Das ist mehr als doppelt so schnell wie ein Mensch und schneller als die meisten Beutetiere. Wölfe hören außerordentlich gut. Geräusche können sie noch in einer Entfernung von 10 Kilometern wahrnehmen.
Wölfe sind nur selten allein unterwegs. Meistens leben sie in einer Gemeinschaft von 5 bis 10 Tieren. Eine solche Gruppe nennt man Rudel, das meistens aus einem Elternpaar und ihren Jungen besteht. Wolfseltern bleiben ein Leben lang verbunden. Junge Wölfe verbringen zwei bis drei Jahre bei den Eltern, bis sie schließlich selbst ein Rudel gründen und abwandern.
Ein Rudel lebt in einem festen Revier, das unterschiedlich groß sein kann. Die Grenzen des Reviers werden mit Harn markiert und gegen andere Wolfsrudel verteidigt. Auch das typische Heulen dient dazu, das Revier zu behaupten. Wölfe streifen ständig durch ihr Revier und legen dabei große Strecken zurück.
Ein Wolfsrudel kann Tiere erlegen, die größer sind als ein einzelner Wolf. Zumeist fallen ihnen ältere, schwächere oder junge Tiere zum Opfer. Sie werden von ihren Herden getrennt und dann von den Wölfen umzingelt.
Sie werden zu Fall gebracht und mit einem Biss in den Nacken getötet. Haustiere, die im Freien weiden und nicht durch feste Zäune oder kräftige Hunde geschützt werden, sind eine leichte Beute.
Wölfe paaren sich zwischen Januar und März. Nach 60 bis 70 Tagen werden die Jungen in einer Höhle geboren. Im Durchschnitt bringt eine Wölfin vier bis sieben Welpen zur Welt.
Die Welpen sind bei der Geburt blind und wiegen ungefähr 300 bis 500 Gramm. In den ersten zwei Wochen sind ihre Augen noch geschlossen. Junge Wölfe werden bis zur achten Woche von der Mutter gesäugt.
Nach vier Wochen sind ihre Zähne so weit ausgebildet, dass sie Fleisch zerbeißen und kauen können. Sie lernen nun schnell, sich an der Jagd zu beteiligen. Viele junge Wölfe sterben an Krankheiten oder Hunger, werden überfahren oder von Menschen getötet.
Wölfe in freier Wildbahn werden zumeist nicht älter als zwölf Jahre, in Gefangenschaft können sie ein Alter von bis zu 18 Jahren erreichen.
Junge Wölfe
Seit einigen Jahren leben wieder Wölfe in Deutschland und in anderen Ländern in Westeuropa. Sie wanderten aus dem Osten Europas zuerst in Sachsen ein. Sie ließen sich anfangs auf menschenleeren Truppenübungsplätzen nieder, die nach der Wiedervereinigung Deutschlands nicht mehr genutzt wurden. Hier konnten sie in Ruhe jagen und ihren Nachwuchs großziehen.
Wölfe sind streng geschützt. Sie dürfen nicht gefangen und nicht getötet werden. Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland weckt bei vielen Menschen allerdings alte Ängste. Vor allem die Halter von Nutztieren machen sich Sorgen. Wölfe wurden auch schon in Wohngebieten fotografiert.
Eigentlich sind es scheue Tiere. Sie meiden die Nähe von Menschen. Auch wenn es mehr werden sollten, in einem Wald werden wir sie nur ganz selten zu sehen bekommen.
Wölfe sind Raubtiere, die Rehe, Hirsche, Wildschweine, Hasen und andere Tiere des Waldes erbeuten. Menschen sind für sie als Jagdbeute uninteressant. Wenn sie sich und ihre Jungen jedoch bedroht fühlen, können sie auch für Menschen gefährlich werden. Es gibt nur wenige Berichte darüber, dass Wölfe Menschen angegriffen haben, aber es ist - ganz selten - doch passiert.
Möchtest du diesem Wolf begegnen?
Nur wenige Menschen sind frei lebenden Wölfen begegnet. Bei Umfragen zeigt sich, dass eine Mehrheit es begrüßen würde, wenn wieder Wölfe in unseren Wäldern leben. Einige lehnen dies aber auch vehement ab, vor allem die Halter von Nutztieren.
Wenn wir wollen, dass diese großen Tiere wieder bei uns leben, müssen wir lernen, mit ihnen auszukommen. Haustiere müssen dann in Wolfsgebieten nachts immer in Ställen oder hinter sicheren Zäunen gehalten werden. Auch große Hütehunde können zum Beispiel Schafherden gegen Wölfe verteidigen.
Bei Spaziergängen im Wald sollten wir auf uns aufmerksam machen, indem wir zum Beispiel deutlich hörbare Geräusche machen. Man darf auf keinen Fall Futter für Wölfe auslegen, denn so würde man sie an die Nähe zu Menschen gewöhnen. Hunde muss man im Wald an der Leine führen, dennoch werden Wölfe sie immer als Eindringlinge in ihr Revier betrachten und versuchen, sie zu vertreiben.
Eins sollten wir auch bedenken. Wir leben nicht allein auf der Erde. Haben wir das Recht, andere Lebewesen auszurotten, weil wir sie für unnütz oder für gefährlich halten?
Haustiere müssen durch feste Zäune oder starke Hütehunde geschützt werden
Bilder: Hamsterkiste (5), gemeinfrei (2), pixabay.com (5), Michael Gäbler / CC BY-SA 3.0 (1)
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